Nach drei Wochen Benin fühl ich mich so nen bisschen wie Benjamin Blümchen. Ich durchlebe hier im Schnelldurchgang seine ganzen Abenteuer... Cornelius als Bäcker, am nächsten Tag Architekt, dann Lehrer und gleich darauf Bademeister. Ich werde überall eingesetzt. Man muss hier wirklich sehr flexibel sein. Überhaupt laufen hier so manche Dinge eigentlich ganz anders und häufig halt deutlich unkomplizierter als bei uns daheim. Wenn man zum Beispiel eine 1,40m x 2,00m große Matratze von A nach B transportieren möchte, braucht man nicht unbedingt erst bei Sixt nen Transporter zu mieten. Das geht hier viel einfacher. Hinten, natürlich quer, auf dem Mofa da ist genügend Platz… aber auch nur wenn vorne bereits schon drei Leute sitzen. Falls man gerade aber keine Schnur oder ein Band zum festmachen der Matratze zu Hand hat, dann kann man das Ding auch getrost auf dem Kopf balancieren… Das ist sowieso viel besser. Überhaupt auf so nem Moped kann man eigentlich alles transportieren. Die nutzen das Verkehrsgerät hier mehr als so
ne Art Tieflader. Auch als Reisebus wird es eingesetzt. Vier ausgewachsene Afrikaner und ein Baby auf einem Roller – kein Problem. Hier ist einfach alles möglich.
Benin ist eine Art Serviceparadies. Eigentlich kann man seine ganzen Einkäufe gleich vom Mofa oder aus dem Auto regeln. An der Ampel bekommt man einfach alles. Das Ganze ist vielleicht vergleichbar mit Karstadt - nur halt als Drive in. Von Sonnenbrillen, über Spielzeug, Haus- und Nutztiere bis hin zu Einrichtungsgegenständen, wie Wanduhren oder gar große Kronleuchter – die Ampel ist DIE Shoppingmall in Benin. Will man sich aber doch einmal die Beine vertreten, dann ist natürlich der Markt die erste Adresse. Das Angebot ist eigentlich überall das gleiche. Obst und Gemüse, ein paar Gewürze oder auch Stoffe. Auf dem Markt gibt es von bis alles zu kaufen was das afrikanische Herz braucht. Eine tolle Atmosphäre. Es ist wie im Bilderbuch. So wie man sich Afrika vorstellt. Ein großes buntes Gewusel. Es scheint aber ein eher geordnetes Chaos zu sein. Aber trotzdem sollte man bei allem Angeboten immer vorsichtig sein Der gemeine Durchfall lauert hier an jeder Ecke und überallem schwebt ein besonders eigenwillige Geruch. Eine Melange aus lebenden, aber vor allem toten Getier. Einen großen Anteil an diesem sehr speziellen Duft haben insbesondere die Herrschaften aus dem Wasser. Die Fische. Ihre Zubereitung und auch die ihrer Leidensgenossen vom Land, die Schweine oder Hühner, kann man als Westeuropäer durchaus als widerlich oder ekelig, bezeichnen. Somit sind Fliegen und Ameisen ein ständiger Begleiter auf den Märkten des Landes.
Ein eher trauriges Kapitel in Benin ist die Hygiene. Diese wird hier ganz, ganz kleingeschrieben. Das mag vielleicht noch aus meiner Zeit als Zivildienstleistender im Altenheim kommen, aber zurzeit habe ich einfach das ständige, pausenlose Bedürfnis meine Hände zu waschen. Und das nicht ohne Grund. Jeder, aber wirklich jeder wird hier per Handschlag mit einem anschließenden Fingerschnipser begrüßt. Das hat zur Folge, dass man rein theoretisch am Ende eines Tages quasi jedem hier im Ort einmal die Hand gegeben hat. Aber was hat das jetzt alles mit Hygiene zu tun. Ganz einfach: Hier fasst jeder alles an. Ob auf dem Markt oder auf der Straße, alles wird berührt und betätschelt. Auch wenn man es später gar nicht kaufen möchte. Hauptsache man hat jeden Fisch, jede Ananas erst einmal persönlich von allen Seiten minutiös durchleuchtet. Zudem kommt hinzu, dass die Afrikaner wirklich an jeder Ecke scheinbar so eine Art Reviermarkierung durchführen müssen und das immer in aller Öffentlichkeit. Das machen aber nicht nur die Männer. Auch die Frauen möchten überall und ständig ihrem Harndrang nachgehen und dabei scheinen sie die Emanzipation, wenn man so will, geradezu herauszufordern. Somit wird diese Zeremonie von ihnen vor jedermann bzw. jederfrau natürlich immer im Stehen praktiziert. Ähnlich unverständlich ist der sich hier türmende Müll. Aber kein Wunder. Ich kenn in der ganzen Stadt Dogbo nur einen Mülleimer… und der ist bei mir im Zimmer.
Offen sind die Afrikaner, gar keine Frage! Ich werde hier immer sehr herzlich begrüßt und empfangen. Das ist wirklich klasse. Im Gegensatz zur Hygiene wird hier nämlich die GASTFREUNSCHAFT großgeschrieben. Gleich vom ersten Tag wurde ich integriert. Man findet sich hier rasend schnell ein. Jeder will dich mitnehmen, dir etwas zeigen. Man da könnten wir uns wirklich etwas in Deutschland von abschneiden.
Natürlich habe ich auch schon unsere Schule besucht. Das Gebäude steht. Es fehlen nur noch die Möbel. Dann kann endlich in den Räumen unterrichtet werden. Ohne jetzt uns von weitblick unter die Egodusche zu stellen. Aber da können wir uns schon ein klein wenig auf die Schulter klopfen. Das Ganze ist wirklich richtig stark geworden. Man kann einfach so viel bewegen. Auch wenn es erst der Anfang ist - ein kleines Puzzleteil. Aber es ist ein Anfang und da müssen man bzw. wir wirklich weiter machen.
Heute Abend bin ich von einer Amerikanerin zum Halloween eingeladen worden. Da bin ich mal gespannt. Ich gehe als Mechaniker. Ein anderes Kostüm konnte ich auf die Schnelle nicht auftreiben. Mal sehen was man da heute so alles zusammen schweißen kann…